Akte in Amberg
Der Berliner Künstler Wilfried Laule stellte vom 27.5. bis 18.6. 2011 im A.K.T Kunstverein Amberg, Viehmarkt 4, großformatige Malerei, Kohlezeichnungen und Pastelle unter dem Titel "Denn jede Lust will Ewigkeit..." aus.
Wilfried Laule wurde 1945 in Eigeltingen in der Nähe von Konstanz am Bodensee geboren und besuchte von 1968 bis 1970 die Staatliche Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart. In den Jahren 1970 bis 1973 studierte er an der Hochschule der Bildenden Künste in Berlin und wurde Meisterschüler bei Professor Thieler. Seine erste Einzelausstellung hatte er 1978 im legendären „Anderes Ufer“ in Berlin mit Bildern und Grafiken. Er arbeitete als Kunstlehrer am Gymnasium.
Seine Kunstwerke wurden in diversen Magazinen und Büchern veröffentlicht, es folgten zahlreiche weitere Gruppen- und Einzelausstellungen. 1991 konnte er in einer Art Werkschau im Schwulen Museum in Berlin auch viele seiner großformatigen Bilder präsentieren. Auf der Agora im Rahmen von Homolulu II 1992 in der Kongresshalle in Berlin (nach 1998 Haus der Kulturen der Welt) zeigte er in einer Show ebenfalls die größeren Formate. 1999 widmete die Galerie Anton im Prenzlauer Berg in Berlin ihm eine Einzelausstellung, dabei entstand ein sehr schöner Katalog. Anlässlich des CSDs beteiligte er sich 2000 an einer Gruppenausstellung in der Kulturbrauerei Berlin. 2008 wurden seine erotischen Zeichnungen zum CSD in Warschau ausgestellt.
Als er in diesem Jahr in Rente ging, steigerte sich wiederum seine Ausstellungstätigkeit. Ende 2008 präsentierte HS-SOLID in Berlin in ihren Büroräumen am Spreebogen unter dem Titel „Berliner Resonanzen“ erstmals seine großen Bilder, die in den 80er und 90er Jahren entstanden sind. Einige sind nun auch in der Amberger Ausstellung zu sehen. 2008 zog er von Charlottenburg nach Neukölln und beteiligte sich danach verstärkt an Gruppenausstellungen. Die umfangreiche Ausstellung in Amberg ist seine erste in der Oberpfalz.
BLU: Hallo Wilfried, die Oberpfalz gilt als eine eher konservative Gegend. Da ist es schon eine kleine Sensation, wenn du gerade dort deine erotischen Gemälde präsentieren kannst. Dort hätte ich eher deine abstrakten Aquarelle vermutet…
Wilfried Laule (WL): Einer meiner Freunde hier in Berlin fungiert für mich als Kunstagent und hat die Ausstellung dorthin vermittelt. Er kennt die Leute in Amberg und hat diese Ausstellung schon vor längerer Zeit in die Wege geleitet. Ich war selbst sehr überrascht, dass der Kunstverein ganz bewusst die homoerotischen Gemälde ausstellen will, gewiss auch um für Aufsehen zu sorgen. Ich werde auch kleinere übermalte Zeichnungen und Werke in Mischtechnik mitbringen.
BLU: Berliner Galerien haben dich bislang eher links liegen lassen, auch mit deinen abstrakten Bildern hattest du dort weniger Glück. Woran liegt das?
WL: Ganz so stimmt das ja nicht, ich hatte über Jahre eine Galerie, die irgendwann leider eingegangen ist, nach dem 11.September 2001, als die Amerikaner nicht mehr nach Berlin kamen und Kunst kauften. Das Schwule Museum hat mit mir einmal eine schöne Einzelausstellung gemacht. Wer männliche Erotik in Kunst umsetzt, hat eben nur eine beschränkte Auswahl an Galerien und die wenigen sind auch nicht immer der richtige Ort für meine Bilder.
BLU: Du bist in den letzten Jahren durch viele Gruppenausstellungen trotzdem in Berlin ständig präsent gewesen. Wie wurden dort deine Bilder angenommen?
WL: In Berlin und Paris überwiegend positiv, ich habe ja auch einige Bilder verkauft. Die Zeiten, in denen ich mit meinen Bildern heftige Empörung ausgelöst habe, so schien es mir zumindest, sind inzwischen vorbei. Homosexualität kommt inzwischen in gängigen Fernsehserien vor. Außerdem wird ein Mensch mit einem ausgebildeten Sensorium erkennen müssen, dass es mir nicht um platte Pornografie geht, sondern um die psychische Ebene von Erotik und Sexualität, um Identität und Selbstbehauptung. Das sind sehr viel existentiellere Aussagen.
BLU: 2005 musstest du mal bei einer Ausstellung in einem lesbisch-schwulen Verlagshaus in Berlin teilweise abhängen, weil denen die Bilder zu erotisch waren. In Amberg geht man damit glücklicherweise liberaler und offensiver um. Haben Heteros damit weniger Probleme? Hat dir das Körperliche in deinen Arbeiten eher geschadet, wenn es ums Ausstellen ging?
WL: Es gibt eine ungeschriebene Regel: Zeig keinen Schwanz. Auch wenn er nicht erigiert ist, und nur ein Körperteil ist, wie jedes andere Körperteil. Viele Leute sehen dann nur noch den Schwanz. Mit der provinziellen Empörung in dem Berliner Verlag über meinen Barberinischen Faun hatte ich nun ausgerechnet dort wirklich nicht gerechnet. Der Barberinische Faun ist eine hellenistische Skulptur etwa 200 nach Christus entstanden. Ein Papst in Rom hat ihn vor der Zerstörung gerettet. Heute steht er in der Glyptothek in München und im Louvre in Paris gibt es eine barocke Version davon. Für mich war die Skulptur vor vielen Jahren ein Aha-Erlebnis. Die Kunstgeschichte spricht von "Schlaftrunkenheit". Für mich war klar, hier nahm sich ein Mann, was nach gängigen Regeln nur Frauen dürfen: er ließ sich gehen, es ging um erotische Selbstauslieferung. Nun muss man wissen, als ich begann, meine ersten Männer zu zeichnen und zu malen, war das Männerbild, das die Menschen verinnerlicht hatten, vom Faschismus geprägt. Das wirkte so automatisch auf die Rezeption von Männerabbildungen, dass mir selbst schwule Emanzen Faschismus vorwarfen, obwohl ich mich eher an Michelangelo und eben am Baberinischen Faun orientierte,
BLU: Deine überbordende Farbigkeit, gerade bei deinen größeren Gemälden strotz nur so von Lebenslust. Gibt es einen Markt für die Kunstwerke, schließlich bezieht ein potentieller Käufer schon Stellung, wenn an seinen Wänden auffällig erotische Kunst hängt?
WL: Für mich ist Farbe Lust...Lebenslust! Die Farbe gibt dem Leben die vielfältigsten Tonarten und Gefühle. Anfangs habe ich vorwiegend an Frauen verkauft, die heterosexuell waren. Inzwischen gibt es auch Schwule, die zu sich selber stehen und meine Bilder mögen. Klar, wer ein Doppelleben als Scheinhetero führt, der wird meine Bilder meiden.
BLU: Dein Umzug nach Neukölln hat dich zu einem sehr umtriebigen Rentner gemacht, das hat eher was von Unruhestand, als von einem gemütlichen Lebensabend. Inspiriert dich die Gegend wie seinerzeit Kreuzberg, wo du in den 80ern dein Atelier hattest?
WL: Ich wollte nicht als Rentner in einer Schlafstadt leben, auch Naturidyllen halte ich nur kurze Zeit aus. Es sind die Widersprüche, die uns am Leben halten und diese begegnen mir im Stadtteil Neukölln genug.
BLU: An welchen neuen Projekten arbeitest du und wird man deine Arbeiten in diesem Jahr auch noch in Berlin sehen können?
WL: Im Augenblick krame ich die vielen lustvollen Zeichnungen aus meinen Schubladen, die sich über die Jahre angesammelt haben. Ich möchte ein Buch daraus machen. Allerdings muss ich erst noch eine Finanzierung dafür finden. Außerdem hoffe ich doch, dass ich in Berlin bald wieder in der Galerie Helferich ausstelle.
BLU: Wir wünschen dir viel Erfolg in Amberg, in Berlin und auch sonstwo!